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Der Werwolf – Archetyp einer Bewusstseinserfahrung

20. Mai 2019 | Von: Stefan Brönnle | Kategorien: Mythische Wesen, Mythen, Symbole, Schamanismus, Tiergeister, Wahrnehmung | 1 Kommentare

Werwolf

Der Werwolf ist eine inzwischen in Horrorfilmen allseits bekannte Gestalt. Diese Präsenz im Horror-Genre täuscht schnell darüber hinweg, dass der Werwolf als Urbild tief in unseren Mythen verankert ist und vermutlich zu den Bewusstseins-Archetypen zu rechnen ist.

Der Name des Werwolfs leitet sich ab vom germanischen wer (= Mann), der Werwolf ist also ein „Mannwolf", halb Mensch, halb Tier. Derartige Tiergestalten können wir in der Menschheitsgeschichte weit zurückverfolgen. Hier ist z.B. der „Löwenmensch vom Hohlestein-Stadel" zu nennen, eine im Lonetal gefundene ca. 35.000 bis 41.000 Jahre alte Skulptur aus Mammut-Elfenbein. Sie zeigt einen aufrecht stehenden Menschen mit Löwenkopf. Entsprechend der jungpaläolithischen Kultur ist davon auszugehen, dass es sich bei dieser Darstellung um einen Schamanen, oder allgemeiner gesprochen um eine Tranceerfahrung handelt, in der die Verbindung von Mensch und Tier, ja die eigene Verwandlung in ein Tier, unmittelbar erlebbar wird.

Löwenmensch

Die Verwandlung in einen Wolf gehört dabei mit zu den archetypischen Erfahrungen gerade der germanischen Kultur. Die Egilssaga aus Island berichtet z.B. von Kveldulf, dem „Abendwolf": „Man erzählt sich, dass er des Nachts häufig in verwandelter Gestalt umging. Die Leute nannten ihn Abend-Wolf". Auch die Völsungsaga berichtet von Sigmund und seinem Sohn, die sich zeitweise in Wölfe verwandelten. Das Erleben der Selbstverwandlung in Tiere und speziell in Wölfe scheint je nach Volksgruppe oder Clan beinahe „alltäglich" gewesen zu sein. So berichtet Herodot (490-420 v. Chr.) von den Skythen, die die eurasischen Steppen bevölkerten: „die Skythen und die im Skythenland wohnenden Hellenen behaupten, jährlich einmal verwandle sich jeder der Neuren für wenige Tage in einen Wolf und trete dann wieder in den menschlichen Zustand zurück."

Die Wolfswerdung wird hier zur Urerfahrung eines ganzen Kollektivs.
Die Wolfswerdung als ritueller Akt zeigt sich auch in dem späteren Mythos, dass vornehmlich Menschen, die den Pakt mit dem Teufel eingingen und von diesem ein Wolfsfell oder Wolfsfell-Gürtel erhielten, die Fähigkeit der Wolfsverwandlung zuteil wurde. Vermutlich scheint in dieser Aburteilung die Ablehnung des Christentums den schamanisch orientierten Bewusstseinspraktiken gegenüber durch. Die Lykanthropie (vom griechischen lýkos = Wolf und ánthrōpos = Mensch), also die Verwandlungsfähigkeit des Menschen in einen Wolf kann auch in alten religiösen Mythen wiederentdeckt werden: In Ovids Metamorphosen wird König Lykaon beschrieben, der von Zeus in einen Wolf verwandelt wird. Im Gilgamesch-Epos verwandelt die Göttin Ištar einen Schäfer in einen Wolf und Plinius der Ältere berichtet in seiner Naturgeschichte von Menschen, die gar mehrere Jahre als Wolf lebten, ehe sie die menschliche Gestalt wieder annahmen.

Die Wolfsverwandlung kann hier als eine göttliche Kraft verstanden werden, die den Menschen verwandelt. Die Tranceerfahrung des Wolfes konnte durch Drogen induziert, oder durch die innere Verbindung des Menschen im Trancetanz ausgelöst werden. Wir erleben daher im Werwolf-Mythos weit mehr als nur eine Horrorgeschichte, sie ist Teil des kollektiven Menschheits-Bewusstseins-Erbes, der Erfahrung, das „Tier in Dir" zu erwecken, oder mit dem „Krafttier" zu verschmelzen. Diese Erfahrung kann so archaisch und ergreifend sein, dass man in der Tat verstärkte Sinne (Geruchssinn, Hörsinn) erlebt und die wilde Kraft des Tieres in sich spürt.

Diese Urerfahrung reichte noch weit in Zeiten des Christentums hinein, so dass es in Wellen im 16. und 17. Jahrhundert immer wieder zu Werwolfsprozessen kam, die – ähnlich den Hexenprozessen – dem unchristlichen Treiben der psychischen Urerfahrung ein Ende setzen wollten, indem man von bis zu 30.000 Werwolf-Angriffen fabulierte. Die Angst vor der Unkontrollierbarkeit einer Gruppe, die sich dem tierischen Selbst phasenweise hingibt, muss hier geradezu als eine kollektive Paranoia gesehen werden, die den Menschen vom Tier-Selbst mehr und mehr entfernte, bis heute im Horror-Genre nur noch das arme Opfer übrig blieb, das sich durch einen Werwolf-Biss selbst in eine Bestie verwandelt und diesen Zustand nicht mehr aktiv-willentlich induziert.

Der Werwolf, ein Rudiment unserer schamanischen Vergangenheit.

Der Kraft der Seele folgen - Die schamanische Gabe der Verwandlung

Bilder:
Werwolf: fairytaildesign/istockphoto.com
Löwenmensch: Dagmar Hollmann / Wikimedia Commons

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