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Über die Schwierigkeit über das Nichtsagbare zu sprechen

07. Feb. 2019 | Von: Stefan Brönnle | Kategorien: Geomantie, Schamanismus, Wahrnehmung | 1 Kommentare

Frau legt Finger auf die Lippen. Vor ihr assyrische Himmelswesen

Wir bewegen uns in sozialen Blasen. Diese Blasen eines bestimmten sozialen Umfeldes haben eine eigene Art, Dinge zu sehen, Werte zu setzen und vor allem: Dinge zu benennen, oder gar nicht anzusprechen. Dies macht es in einem interdisziplinären Fachgebiet wie der Geomantie oft schwierig, sich innerhalb verschiedener sozialer Blasen auszudrücken. Wir dringen über verschiedenste Wahrnehmungsmethodiken (Radiästhesie, Intuition, Trancen, schamanische Reisen, Traumarbeit, u.v.m.) oft in Wirklichkeiten vor, die ohnehin eher umschreibend zu benennen sind. So entstehen – meist metaphorisch gemeinte – Begriffe und Terminologien und verschiedene Ortsphänomene werden in bestimmte geistige Schubladen gepackt. Dazu bieten sich vor allem mythologische Begriffe an. So gut wir diese Schubladen auch kennzeichnen und beschreiben, es bleiben dennoch Schubladen.

Innerhalb der eigenen „Geomantenblase" - wobei diese streng genommen auch nur eine bestimmte eigene Ausrichtung oder „Schule" umfasst und bereits bei einer anderen Ausrichtung und „Schule" auf Unverständnis stoßen kann – mag dies noch funktionieren; wechseln wir aber in eine andere soziale Blase, werden bestimmte metaphorisch-mythologische Begriffsumschreibungen für andere Wirklichkeiten unsagbar. Diese werden hier anders gedeutet, sind mit einer anderen Konnotation oder emotionalen Reaktionen verknüpft oder sogar mit einem Tabu belegt. Hier muss man oft in der Begriffsfindung kreativ werden. „Den Juden bin ich geworden wie ein Jude, auf dass ich die Juden gewinne. Denen, die unter dem Gesetz sind, bin ich geworden wie unter dem Gesetz, auf dass ich die, so unter dem Gesetz sind, gewinne." (1. Korinther 9:20). Diese Art Sprache gleicht einem Drahtseilakt.

Bei einem Immobilien/Siedlungsprojekt, in dem Banker den Vorsitz hatten, stieß ich an meine Grenzen. Die Radiästhesie war in der Grauzone gerade noch akzeptiert, der Geomantie allgemein war man gegenüber „vorsichtig offen", die Erde als belebtes Wesen aber stieß bereits auf Skepsis. Wie sollte ich ein am Bauort vorgefundenes Bewusstseinsfeld benennen, dass ich in der eigenen Blase als „Elementarwesenzentrum" benannte? Im schriftlichen Bericht umschrieb ich das Feld als „Bewusstseinsmatrix der Natur". Allgemein und breit genug, um hoffentlich kein Aufsehen zu erregen....

Nun leben wir in einer historisch „durchchristlichten" Kultur. Viele auftauchende mythologische Bilder können darum christlich gefärbt sein. C.G.Jung stellte fest, dass bei Amerikanern europäischer Abstammung bei einer tiefenpsychologischen Arbeit durchaus indianische Archetypen auftauchen konnten, die meist vom Klienten im Tagesbewusstsein überhaupt nicht verstanden wurden. Ebenso können in Europa sehr christlich erscheinende Bilder in der Wahrnehmung präsent sein, die aber in Gruppen und sozialen Blasen mit starker „Kirchenschädigung" unmittelbar negativ emotional belegt werden. Hier mag es noch möglich sein, eine „Marienqualität" als „Göttinnenqualität" zu umschreiben, sowie umgekehrt im eher christlichen Milieu. Schwieriger wird es mit spezifischen Heiligen. Inwieweit entsprechen diese einem Surrogat aus z.B. der germanischen Mythologie?

In manchen Gruppen wie z.B. schamanisch affinen oder dem Wicca nahestehenden, sind dagegen christliche mythologische Bilder mit einem starken Tabu belegt. Ihre Nutzung regt zu heftigen emotionalen Abwehrreaktionen an. Ein solches Reizwort ist z.B. „Engel". Eine Erfahrung einer lichtvollen kosmisch-geistigen Bewusstseinsqualität, die in einem allgemein esoterischen Umfeld leicht als „Engel" benannt werden kann (selbst auf die Gefahr hin, dass darunter süßlich-liebliche rosa Putten missverstanden werden), wird in einer Schamanengruppe so nicht akzeptiert werden. Trifft hier die Umschreibung „lichter Spirit der Oberen Welt" zu? Kann man in einer der nordischen Mythologie zugewandten sozialen Blase den Erzengel Michael als Odin benennen? Historisch gesehen lässt es sich leicht belegen, dass ehemalige Odins/Wotans-Heiligtümer durch Michaelskirchen be- und ersetzt wurden, so dass die Umschreibung nahe läge, doch widerspricht wiederum meine eigene Erfahrung der „Odins/Wotans-Qualität" völlig der „Michaelsqualität", so wie ich mir persönlich schwer tun würde „Engel" als „Götter" zu benennen, obgleich im Assyrischen und Altbabylonischen die Übergänge hier in der Tat fließend erschienen. Spart man also die empfundene „Engelsqualität" einfach aus und spricht in weiser Umsicht, um keinen Streit zu provozieren, lieber allgemein von „Spirits"? Dabei geht wiederum die spezielle Qualität des Genius verloren.

Umgekehrt: Wie beschreibt man das innere Bild und die damit verbundene Wirklichkeit des „Gehörnten" (in verschiedensten Ausprägungen z.B. als „Pan" oder „Cernunnos" [oder gar Baphomet?] - worin ich wiederum durchaus Unterschiede wahrnehmen kann) in christlich ambitionierten Kreisen, ohne spirituelle Abwehrreaktionen zu initiieren? Diskussionen können hier schnell in einem Desaster enden. Die Fettnäpfchen, in die man in sozialen „Unterblasen" treten kann, die man als „Randbeobachter" oder gar „Außenseiter" als einheitlich wahrgenommen hat, sind Legion! Während ich durch die erklärende Umschreibung des daoistischen Begriffs „Dantien" als „eine Art Chakra" in einem Münchner Sportverein während einer meiner Stunden als Taijiquan-Lehrer nur fragende Blicke und völliges Unverständnis erntete [ich hätte das Feld auch als „Kumquat" umschreiben können und hätte die gleichen Reaktionen erzielt], wurde in streng anthroposophischen Kreisen, bei denen ich in meiner frühen Naivität dachte, sie gehörten dem „esoterischen Spektrum" an, der Chakrenbegriff mit äußerstem Unbehagen aufgenommen oder absichtlich ignoriert. Trancearbeit war ebenso ein Tabu, denn nach Steiner ist sie – ohne dass auch nur einer im Saal sie je ausprobiert hätte - „atavistisch" (= spirituell rückwärtsgewandt).

Nun müsste man nicht zwingend fremdartige Begriffe in anderen Sozialblasen einführen. Begriffssurrogate sind darum völlig in Ordnung. Das Problem besteht vielmehr darin, dass jeder Ersatzbegriff eben nicht die absolut gleiche Bedeutungsfülle hat. Das Unterlassen der Nutzung von Tabubegriffen führt leider dazu, dass im jeweiligen sozialen Umfeld eben gar nicht über diese oder jene Wirklichkeit gesprochen werden kann oder darf, was schade ist, denn die jeweils durchaus verwandten „Randblasen" könnten das eigene Arbeitsfeld durchaus gewinnbringend befruchten. [Konservative Christen streichen bitte das letzte Wort mit seiner sexuellen Konnotation und ersetzen es durch „segnen"].

Bild © Stefan Brönnle (unter Verwendung von tugol/shutterstock)

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Kommentare

OliviaOlivia

Lieber Stefan Brönnle, schon lange lese ich Deine Artikel mit Interesse und auch oft mit Genuß und Vergnügen (und erlaube mir auch, sie weiter zu leiten).

Dieser Artikel aber - trifft mich voll ins Herz ! Auf meinem lebenslangen Weg des Lernens und Wachsens habe ich von den Lichtjüngern bis zu den Schwarzmagiern, den Christen bis zu den "atavistischen" Schamanen viele "Blasen" kennengelernt und ihnen z.T. auch angehört.....und scheiterte dabei so oft genau an diesen sprachlichen Konditionierungen !!! Danke, daß Du mir so aus der Seele gesprochen hast !

Und Gott (in welcher Form auch immer verehrt) sei Dank, daß mir in meinem "schamanischen Schub" ein Engel erschien, der mich fragte, ob ich jetzt Mauern im Himmel bauen will als ich mich weigerte, im Tipi das (für mich damals christliche) "Halleluja" mitzusingen...seither weiß ich im tiefsten Herzen, daß die Abgrenzungen nur unsere höchst menschlichen Projektionen sind.

Danke, daß ich mich nicht mehr allein fühlen muß in meiner Wahrnehmung der menschlichen Grenzen (= Dummheit???).

Und ich wünsche Dir einen guten Weg der Kommunikation mit all den Sprach- und Glaubensblasen ! Herzlich, Olivia

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