Der „Tanz auf dem Vulkan" meint sprichwörtlich „eine unbekümmerte Lebensweise in gefährlichen Umständen". Für niemand anderen mag dieses Sprichwort so zutreffend sein wie für die Bewohner des japanischen Ortes Aogashima.
Etwa 360 Km von Tokio entfernt liegt die Vulkaninsel Aogashima („Blaue Insel"). Die Insel wurde von dem noch heute aktiven Stratovulkan gebildet. In ihm – ja, richtig gelesen: Im Krater selbst – leben heute rund 160 Menschen im gleichnamigen Dorf Aogashima. Zuletzt brach der Vulkan 1781 und 1785 aus und tötete dabei 140 Menschen der damaligen Inselbewohner. Dies hinderte ihre Nachkommen nicht, 50 Jahre später wieder am gleichen Ort zu siedeln. Der Vulkan spendet Wärme, die im Winter das Heizen überflüssig macht, mit der die Dorfbewohner unmittelbar in der Erde kochen und die auch eine Sauna betreibt. Es lebt sich also komfortabel – wenn man die beständige Gefahr außer acht lässt.
Leben mit dem Vulkan bedeutet zugleich auch eine seelische Hinwendung zu ihm. Im Todaisho-Schrein wird der Kami des Ortes, sozusagen der Geist des Vulkans, verehrt. Vulkane stellen sozusagen eine geologische axis mundi dar, eine Weltenachse, die die Untere Welt mit der Welt der Menschen und der Oberen Welt verbindet. Astronomisch Begeisterte fühlen sich daher von Aogashima ebenso angezogen. Vom Kraterrand hat man – wegen der mangelnden Lichtverschmutzung – einen ungetrübten Blick ins Universum. Im Krater des aktiven Vulkans zu leben, bedeutet also gleichsam in der axis mundi, dem Weltenberg, zu leben und mit Himmel und Erde verbunden zu sein.
Ist es nun Leichtsinn, Mut oder religiöse Hingabe, die die Menschen dazu bringt, hier zu siedeln?
Wer will, kann es selbst erfahren, denn Aogashima besitzt sogar einen Campingplatz....
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