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Die Magie der Lochsteine

14. März 2018 | Von: Stefan Brönnle | Kategorien: Geomantie, Symbole, Brauchtum, Rituale, Magie | 0 Kommentare

Lochsteine links megalithisch rechts als Amulett

Lochsteine sind ein uraltes Phänomen, das die verschiedensten Facetten hat. Überaus häufig haben Lochsteine eine rituelle Funktion. Im Grunde handelt es sich beim Lochstein ganz banal um einen Stein mit einem Loch. Bevor wir uns jedoch der Frage zuwenden können , was einen solchen Stein so besonders macht, sehen wir uns ein paar solcher Steine an:

Megalithische Lochsteine

Der Tolven-Stone in Cornwall wird oft als der Überrest eines neolithischen Kammergrabs beschrieben und bildet hier schon die Brücke zu sogenannten Seelenlöchern. Kranke Kinder wurden im lokalen Brauchtum neun mal durch das Loch in Stein gereicht, um zu genesen. Erwachsene zwängten sich nackt durch das Loch, um Fruchtbarkeit und Kindersegen zu erlangen. Der Stein ist damit ein typischer Durchschlupfstein.

Der Men-an-Tol ist eine rund 4000 Jahre alte Megalithformation ebenfalls in der Grafschaft Cornwall, bestehend aus einem runden Lochstein und zwei senkrechten Menhiren. Frauen, die siebenmal rückwärts durch das Loch stiegen, wurden dem Brauchtum nach schwanger. Auch Kinder wurden zu Genesungszwecken durch den Stein gereicht. Metallalter Stich: Tolven-Stonekegel auf dem Stein platziert, gerieten in Bewegung, woraus Antworten auf gestellte Fragen abgeleitet wurden. Der Stein diente also auch divinatorischen Zwecken.

Wie schon diese beiden Beispiele zeigen, stellt der Lochstein eine Schwellensituation zwischen zwei Wirklichkeiten oder Welten dar. Das Durchkriechen, bzw. Durchreichen eines Kindes kommt einem Sterbe- und Wiedergeburtsprozess gleich und damit einer Erneuerung. Der Stein selbst stellt somit ein Portal dar.

Manche megalithischen Lochsteine sind dabei so ausgerichtet, dass sie eine Visur durch das Loch über eine Landschaftsmarke zum Sonnenaufgang während der Sommer- oder Wintersonnwende ermöglichen. Auch hier tritt uns der Stein als ein Portal entgegen, dass eine Zeitqualität einfängt und erlebbar macht. Rituell gedacht dringt über das durchfallende Licht die kosmische Qualität des Zeitraums in unsere physische Realität.

In megalithischen Grabkammern sind oft Lochsteine verbaut. Sie werden als sogenannte Seelenlöcher interpretiert und sollen der Seele des Verstorbenen einen Austritt aus dem Grab gewähren. Wiederum stellt der Stein eine Schwelle dar, die Dies- und Jenseits verbindet.

Mobile Lochsteine

Neben diesen oft tonnenschweren Steinen sind aber auch im magischen Volksbrauchtum kleinere, schmuckartige Lochsteine in Gebrauch. Sie werden „Hexensteine", „Snakeś eggs", „Druiden Glas" oder walisisch Glain neidr genannt. Am verbreitetsten ist jedoch der etwas absonderliche Name "Hühnergott". Letztere Bezeichnung leitet sich aus dem slawischen Raum ab, wo es Brauch war, kleine Lochsteine Hühnern umzubinden, um diese vor der Verhexung durch Kikimora zu beschützen. Die Kikimora ist eine Art Haus- oder Poltergeist, die auf einer älteren slawischen Gottheit beruht.

Solchen zu nächst natürlichen Lochsteinen – also gefundene Steine, die durch das Herausfallen von Einschlüssen oder die Erosion unterschiedlich harter Stellen ein Loch erhalten haben – wird große magische Kraft nachgesagt. Die Bezeichnung "Druiden-Glas" verweist auf die Nutzung als eine Art Spähloch in die Anderswelt. In den Spiderwick-Chroniken nutzen die Kinder einen Lochstein, um die Feen und Gnome erblicken zu können. Wieder tritt uns der Lochstein als ein Portal, bzw. gemäß der Größe hier als ein "Schlüsselloch" oder Fenster in eine andere Welt entgegen. Die "mobile Schwelle" verbindet verschiedene Wirklichkeiten miteinander, wodurch der "magische Strom" aus der Anderswelt für den Träger nutzbar wird.

Wichtig ist dabei, dem Lochstein rituell eine Aufgabe zuzuweisen, damit die einströmende Kraft gezielt genutzt wird, also z.B. zu Schutzzwecken, zur Verbindung mit der Anderswelt, zur Heilung und ähnliches. Ohne diese rituelle Widtmung würde – rituell gedacht – einfach eine offene Verbindung in andere Wirklichkeiten hinein existieren, die durchaus auch schädliche Wirkung haben kann.
Ursprünglich waren als Amulett getragene Lochsteine natürliche Steine mit Löchern. Erst später wurden Lochsteine auch rituell – und damit künstlich durch Bohrung – angefertigt und z.T. mit Sigillen versehen.

Ob künstlich oder natürlich, ob megalithisch oder als Amulett – der Lochstein ist ein Schwellenstein oder Portal, durch das die Alltagswelt mit der Anderwelt, dem Jenseits oder dem Kosmos verbunden wird. Die jeweilige Nutzung ist bei Megalithsteinen von der Geomantie des Ortes abhängig, beim Amulett von der rituellen Aufgabenprägung.

Titelbild: links © stephen campbell/fotolia.com, rechts © andtam1/fotolia.com
Tolven-Stone: Gemeinfrei

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