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Legitimität eines europäischen Schamanismus

22. Feb. 2018 | Von: Stefan Brönnle | Kategorien: Schamanismus | 0 Kommentare

Schamane auf einem Hausdach

Schamanen, die auf Trommeln schlagen und tanzen, Totems, Tierfelle und Knochen: All das kennt man heute eher aus dem Discovery-Channel als Berichte weit entfernter Länder. Wenn so etwas „bei uns" auftaucht, muss es sich zwangsläufig um esoterischen Neoschamanismus handeln, um plumpe Nachahmungen und oberflächliche Darstellungen.
Wie authentisch kann Schamanismus in Europa sein? Oft wird ein heute existierender Schamanismus in Europa schlichtweg geleugnet. Richtig ist, das der traditionelle Schamanismus im modernen Europa praktisch nicht mehr existent ist ...und dennoch gibt es ihn! Es lohnt sich also ein genauer Blick auf eine heute noch existente indigene schamanische Tradition in Europa:

Das Volk der Samen (Sámi) lebt in den arktischen Regionen Skandinaviens. In Nordfinnland leben noch etwa 10.000 Menschen, die dieser letzten indigenen Volksgruppe Europas zuzurechnen sind, in Norwegen etwa 80.000 und in Schweden 15.000. Ihre Kultur ist nach wie vor schamanisch geprägt. Der Noaidi (nordsamisch) bzw. Nåejtie (südsamisch), der Schamane, ist integraler Bestandteil dieser Kultur, die inzwischen natürlich auch Strom und moderne Technik kennt. In der Regel sind die Schamanen der Samen Männer, obwohl auch vor allem ältere Frauen - framåt genannt – die Rolle übernehmen können.

Bereits im frühen Mittelalter kamen die Samen in Kontakt mit dem Christentum und waren starken Repressalien ausgesetzt. So war es nach norwegischem Gesetz verboten, einen Noaidi aufzusuchen und sich von ihm weissagen, oder andere Rituale durchführen zu lassen.
"Alle in Norwegen sind fromme Christen, abgesehen von denen, die im äußersten Norden am Meer leben. Diese sind heute noch so bewandert in Zauberkünsten und Beschwörungen, dass sie behaupten zu wissen, was ein jeder auf der ganzen Welt unternehme. Indem sie Worte mit Zauberkraft murmeln, ziehen sie große Meerestiere an den Strand." Schrieb Adam von Bremen (1044- ca. 1080).
Noch 1662 wurde ein Schamane wegen Ausübung seiner Tätigkeit trotz Verbots verbrannt. Dennoch traf die samische Kultur der Hexenhammer nicht so stark wie in Zentraleuropa und so haben bis heute dort klassische schamanische Weltbilder überlebt.

Bemalung einer samischen Schamanentrommel

In der samischen Mythologie ist, sehr ähnlich wie in vielen schamanisch inspirierten Kulturen, das Weltbild dreigestaltig: Eine Weltensäule, die durch den Polarstern am Firmament befestigt ist, stellt das Zentrum der Welt dar. Sie teilt die Wirklichkeit in eine untere, eine mittlere und eine obere Welt. Die Menschen bewohnen in ihrer physischen Realität die mittlere Welt, die Götter wie der Donnergott Hora Galles, oder der Fruchtbarkeitsgott Vearalden Olmai bewohnen die obere Welt, während die untere Welt von Jabmaekka, der Herrscherin der Toten und ihrem Gefolge besiedelt ist. Auch die Unterwelt selbst kennt eine klare Ordnung: In Savoaimo leben die verstorbenen Schamanen, in Rutaimo wohnt der böse Gott Ruto und in Jabaimo leben die verstorbenen Menschen. Ihre Seelen können aber als Nordlicht auch die mittlere Welt besuchen, darum schweigt man aus Erfurcht, wenn sie am Himmel erscheinen.

So wie die Welt geordnet ist, so auch der Mensch. Auch er besitzt drei Seelenanteile: Die geistige Seele, die zur oberen Welt gehört, die „Mittelseele", eine Vitalseele, die die Körperfunktionen steuert und die sogenannte „Namenseele". Sie erhält der Mensch aus der Unterwelt, in dem Moment, wenn dem Neugeborenen ein Name gegeben wird. Mit ihr überträgt ein Ahne seine Kraft und Fähigkeiten auf den Menschen.
Besondere Verehrung genießt der Bär, der dem Mythos nach im Himmel geboren wurde (Sternbild). Immerhin trägt die Region seinen Namen: Arktis leitet sich ab vom griechischen Wort arktos (ἄρκτος; Bär). Der Bär galt als Verbindung und Botschafter zwischen den Göttern und den Menschen. Der samische Bärenkult ist heute noch besonders bei den Skoltsamen erhalten.

Wir sehen also, dass der heute noch existierende traditionelle Schamanismus in Europa sehr ähnliche Züge trägt, wie sie auch in anderen Kulturen anzutreffen sind. Die Traditionslinie eines mitteleuropäischen Schamanismus mag abgerissen sein, doch wie die heute noch existierende arktisch-schamanische Tradition zeigt, unterschied er sich nicht wesentlich von anderen schamanischen Traditionen, die heute wieder aus Sibirien oder Nordamerika zu uns gelangen und die Arbeit schamanisch Wirkender hier bei uns inspirieren. Dem modernen europäischen Schamanismus also die Legitimation abzusprechen, entbehrt jeglicher Grundlage. Hinzukommt, dass natürlich auch vorchristliche Traditionen in regionalen Brauchtümern, geomantischen Systemen oder dem Wicca in Fragmenten überlebt haben. Auch lineare Traditionen der Wissensvermittlung – z.B. innerhalb von Familienlinien - sind bei uns durchaus weiterhin beobachtbar, wenn sie auch die Gesellschaft nicht mehr so stark beeinflussen, wie es vermutlich in vorchristlicher Zeit der Fall war. Bereits als Kind von der Großmutter (einer traditionellen Tierheilerin) und ihrem Vater ausgebildet, erhielt z.B. die Geomantin und Heilerin Johanna Markl als „Erbin der Kraftlinie" das traditionelle Wissen, unsichtbaren Welten und Wesen zu begegnen und den richtigen Zeitpunkt in den Rhythmen des Lebens zu erkennen. Eine alte Traditionslinie, die weit zurückreicht und rein familiär weitergegeben wurde.

Insofern gehört der Schamanismus zu Europa und wenn sich heute neue Formen und Traditionen bilden, dann zeigt dies nur seine Lebendigkeit.

Circle of Soul – Der Kreis der Seelen

Bild Schamane auf Hausdach © fotolia
Bilder einer samischen Schamanentrommel © Stefan Brönnle

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