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Rituelle Gesten: Die Bekreuzigung

24. Mai 2018 | Von: Stefan Brönnle | Kategorien: Symbole, Rituale, Religion | 0 Kommentare

Man mit Rosenkranz in der Hand bekreuziugt sich

Jeder hat es schon einmal gesehen, viele Christen praktizieren es: Die Bekreuzigung oder auch „das Kreuzzeichen". Es lohnt ein Blick auf die Symbolik und Energetik dieser allgegenwärtigen rituellen Gestik.

Obwohl das Kreuzzeichen nicht in der Bibel gelehrt wird, ist es Bestandteil frühester christlicher Rituale. Es soll auf das Urchristentum zurückgehen. Gemeint ist hier die symbolische Zeichnung des Körpers mit dem sogenannten kosmischen Kreuz, das eine verlängerte Vertikale besitzt. Das Kreuz wird dabei als rituelle Gestik mit den Fingern auf den Körper gezeichnet, ursprünglich mit dem Daumen auf die Stirn (sogenanntes „kleines Kreuzzeichen"; heute auf Stirn, Mund und Brust), später über das ganze Gesicht und schließlich von der Stirn bis zur Brust (sogenanntes „großes Kreuzzeichen"). Das Kreuzzeichen wird auch als „Prägezeichen" benannt, wodurch die Wirkung des Symbols gut zum Ausdruck kommt.

Je nach Konfession ist die Handhaltung etwas anders. Bei den Urchristen wurde das Zeichen mit einem Finger gezeichnet als Symbol des einzigen Gottes. Ab dem 8. Jahrhundert wurden zwei Finger verwendet – der Zeige- und Mittelfinger – als Symbol der göttlichen und der menschlichen Natur Jesu. Seit dem 13. Jahrhundert werden vor allem in der Ostkirche (im byzantinischen und alexandrischen Ritus) drei Finger genutzt – Daumen, Zeige- und Mittelfinger – als Symbol der Heiligen Dreifaltigkeit. Jede Gestik hat also eine klar bezeichnete Symbolik. Der Daumen steht mit der Willenskraft, der Zeigefinger mit dem Verstand und der Mittelfinger mit der Tatkraft in Beziehung.

In der katholischen Kirche wird das Kreuzzeichen mit der rechten Hand ausgeführt. Der sich Bekreuzigende berührt mit zwei Fingern die Stirn, führt die Hand hinunter zum Brustkorb und berührt diesen. Anschließend zur linken und schließlich zur rechten Schulter. Dabei spricht er: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen." In der Ostkirche wird dagegen zunächst die rechte und dann die linke Schulter berührt.
Der Kirchenlehrer Augustinus (354-430) sah im Kreuzzeichen ein Symbol für die Solidarität mit dem Leiden Jesu Christi. Das Berühren der Stirn symbolisiert Gott Vater, die geistige Ebene, das Berühren der Brust symbolisiert den Christus in seiner Inkarnation als Jesus. Die Führung der Hand aus dem Geistigen ins Stoffliche meint also den Inkarnationsimpuls. Insofern widerspräche die Gestik der Interpretation des Johannes Chrysostomos, einem der vier großen griechischen Kirchenlehrer (349-407): „Ist es [das Kreuzzeichen] ja doch das Sinnbild unserer Erlösung, unserer gemeinsamen Befreiung, sowie der Güte unseres Herrn." Vielmehr wird eine rituelle Verbindung des Geistigen ins Stoffliche geschaffen.

In der christlichen Symbolik wird der rechten Seite die Unsterblichkeit (immortalitas), der linken Seite die mortalitas, die Sterblichkeit, zugewiesen. Rechts ist zugleich die Ehrenseite. Der Sohn sitzt zur Rechten des Vaters, zudem stehen unter den Heiligen die Märtyrer rechts, die Bekenner links. Im katholischen Ritus wird also die Hand von der Sterblichkeit zur Unsterblichkeit geführt, nach byzantinischen und alexandrischen Ritus von der Unsterblichkeit zur Sterblichkeit. In der allgemeinen Symbolik steht links für die Intuition und rechts für den Verstand. Je nach Gestus wird also die Kraft einmal aus dem Emotionalen zum Verstand oder vom Verstand in die Emotionalität geführt.

Das Sich-Bekreuzigen ist ein ritueller Gestus. Rituelle Gesten dienen im Allgemeinen der Kraftlenkung, in diesem Falle aus dem Geistigen ins Stoffliche. Befremdlich wird es, wenn wir uns die Proportionierung betrachten: Das „Kleine Kreuzzeichen" auf der Stirn wird als gleichseitiges Kreuz ausgeführt, das „Große Kreuzzeichen" als Historische Darstellung des Ablaufs einer Bektreuzigung für Kinder„kosmisches Kreuz" mit verlängerter Vertikalachse. Wie diese historische Anleitung für Kinder zeigt, verändert sich durch die Nutzung der 4 Berührungspunkte Stirn, Brust und Schultern die Ausrichtung des Kreuzes. Der lange Teil ist nun oben. Cyrill von Jerusalem (3. Jahrhundert) bezeichnete das Kreuzzeichen als „Dämonenschreck". Die so ausgeführte Bekreuzigung kann (nach christlicher Symbolik) damit nur schwerlich gemeint gewesen sein. In der Ostkirche wird in der Regel das Kippen des Kreuzes von der Gestik her verhindert, indem gewöhnlicherweise die hängende rechte Hand zunächst hinauf zur Stirn geführt wird, was mit zum Gestus zählt, so befindet sich der längere Ast des Kreuzes unten. In einigen katholischen Varianten findet die mittlere Berührung etwas tiefer statt, sodass nicht die Brust, sondern eher der Solar Plexus berührt werden. Auch durch diese geringe Verschiebung der Gestik steht das Kreuz nicht mehr auf dem Kopf.

Grundsätzlich ist jeder aufgefordert, sich der von ihm genutzten Gesten und deren Wirkung bewusst zu werden.

Bild (Titel) © Svitlana/fotolia.com
Bild Ablauf historisch: Gemeinfrei

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